München (dpa) – Mit einem Harry Kane im Elfmeter-Duell zu zocken, kann für einen Torwart nach hinten losgehen. Als Bayerns Torjäger sich den Ball gegen Union Berlin am Punkt zurechtlegte, deutete Frederik Rönnow einfach mal frech mit der rechten Hand in seine rechte Torecke. Hey Harry, schieß doch da hin, bedeutete die Geste, die den Engländer verunsichern sollte. Doch Kane wusste aus der Ansicht von Video-Clips, dass Rönnow bei Elfern «die Tendenz hat, das zu machen», wie er nach dem Münchner 3:0 (2:0) verriet.
Bayerns Mr. Zuverlässig blieb cool und versenkte den Ball flach, scharf und platziert im angezeigten Eck. Rönnow hechtete ins Leere. «Ich folge da ganz meiner Routine und fokussiere mich auf das, was ich machen will», berichtete Kane nach seinem achten verwandelten Bundesliga-Elfmeter. Seine Quote im Bayern-Trikot bleibt bei 100 Prozent.
Die Szene aus der 15. Minute, die den Sieg des Tabellenführers einleitete, symbolisiert das Selbstverständnis, das die Bayern unter Vincent Kompany gerade aufbauen. 5:0 in Bochum, 4:0 im DFB-Pokal in Mainz, 3:0 gegen Union: Die Bayern-Reaktion auf die große Zweifel am Kompany-Fußball aufwerfende 1:4-Klatsche beim FC Barcelona war eine perfekte Woche.
Nur eine schlechte Halbzeit in Barcelona gespielt
National läuft’s – und die internationale Antwort soll am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) im Heimspiel gegen Benfica Lissabon folgen. «Es ist ein großes Spiel. Wir sind nicht gut gestartet in die Champions League. Der Druck ist jetzt in jedem Spiel da», meinte Kane.
«Nach einer großen Niederlage bist du automatisch hungriger, um mit ein paar starken Vorstellungen zurückzukehren», sagte er. Kane schenkte Rönnow am Samstag noch ein zweites Tor ein und war auch am wunderbar herausgespielten 2:0 von Kingsley Coman maßgeblich beteiligt. «Seit Barcelona haben wir alle eine gute Reaktion gezeigt, die offensiven Spieler, die defensiven Spieler. Alle sind auf dem richtigen Weg», befand Kane.
Kurz nach Kane stand Sportvorstand Max Eberl in breitbeiniger Mia-san-mia-Haltung in der Interview-Zone und übermittelte ein paar Machtworte an die Bundesliga-Konkurrenz. «Wir haben in den ersten neun Saisonspielen ein Statement gesetzt. Wir haben nur eine schlechte Halbzeit gespielt, in Barcelona. Und darauf fokussiert sich extrem viel», sagte Eberl.
Eberls Ansage: Meisterschale zurückholen
Realität aber sei: «Wir haben jetzt sehr stabil drei Spiele nacheinander zu null gewonnen.» In der zweiten Hälfte gegen Union habe man «wie eine Spitzenmannschaft gespielt», lobte Eberl. Und das nach einem krassen Schnitt im Sommer «mit einem neuen Trainer und einer neuen Art des Fußballs».
«Das Hauptaugenmerk ist, dass wir die verlorene Meisterschaft zurückholen», endete Eberls Lobrede. Auf die Tabelle und die Punktabstände schauen sie in München nach der titellosen Vorsaison wieder gerne. Drei Punkte vor Leipzig, sechs vor Frankfurt, jeweils sieben vor Meister Leverkusen und Dortmund. Und sogar zehn Punkte Vorsprung auf Vizemeister VfB Stuttgart: Die Kräfteverhältnisse in Fußball-Deutschland scheinen wieder geradegerückt.
Kompanys Erfolgsformel und ein 18 Jahre alter Debütant
«Es ist schon eindeutig: Der Weg, den wir aktuell gehen, bringt nicht nur irgendeine tolle Spielweise, sondern bringt einfach Ergebnisse», sagte Thomas Müller. Für Kompany geht die Erfolgsformel so. Topspieler + harte Arbeit = viele Siege. «Letzte Saison haben wir nichts gewonnen. Und das ist manchmal die größte Motivation», sagte der Belgier zudem. «Jedes Spiel aktuell macht Spaß mit der Dominanz, die wir haben», verkündete Kane.
Kompany konnte gegen Union sogar einige Leistungsträger frühzeitig auswechseln und so Kräfte für Benfica schonen. Der Spielverlauf ermöglichte dazu ein Profi-Debüt. In den letzten zehn Minuten durfte der 18-jährige Adam Aznou Geburtstagskind Alphonso Davies (24) als linker Außenverteidiger ablösen.
«Von Adam halten wir sehr viel. Er hat ein extrem großes Talent», sagte Eberl. Der marokkanische Nationalspieler kam vor zwei Jahren vom FC Barcelona. Aus der berühmten Nachwuchsakademie La Masia wechselte er an den Bayern-Campus. «Ich bin sehr zufrieden und stolz», sagte Aznou glücklich nach seinem Debüt: «Bayern ist eine der besten Mannschaften der Welt. Ich muss Geduld haben, weiterarbeiten und immer dranbleiben.»