Saarbrücken (dpa) – Andreas Brehme und Felix Magath werden interessiert zuschauen, wenn ihr Ex-Verein 1. FC Saarbrücken am Mittwoch im Pokal-Viertelfinale die nächste Sensation schaffen will.
«Den ersten Profi-Club vergisst man nicht», sagt Brehme, der im April 2023 noch zu einer Podiumsdiskussion zum 120. Vereins-Geburtstag im Saarland war. «Es ist eine besondere Gemeinschaft und die Saarländer sind ein besonderes Völkchen, das eng zusammenhält», erklärt der Weltmeister von 1990 vor dem Duell des Fußball-Drittligisten mit Bundesligist Borussia Mönchengladbach (20.45 Uhr/ZDF und Sky).
Auch Magath war im Vorjahr noch da, nach einer Veranstaltung sah er sich sogar das Training der Profis an. «Ich beobachte mit Interesse, was dort passiert und drücke die Daumen, dass bald der erhoffte Aufstieg gelingt», sagt er. Die zwei Jahre als Spieler in Saarbrücken seien «tolle Jahre gewesen. Ich wurde zum B-Nationalspieler, wir sind aufgestiegen und man konnte da auch gut ausgehen».
Brehme und Magath sind dem Verein verbunden
Dass zwei der prominentesten deutschen Fußballer der 1980er- und 90er-Jahre ihre Profi-Karriere beim selben Club starteten, ist kein Zufall. Denn Magath lotste Brehme einst zum 1. FC Saarbrücken. Auch wenn er selbst gar nicht mehr da spielte. 1979 hatte Brehme als 19 Jahre alter Auszubildender für Kfz-Mechanik ein Probe-Training beim Hamburger SV mit Spielmacher Magath absolviert. HSV-Manager Günter Netzer unterbreitete ihm ein Angebot – aber nur für die zweite Mannschaft.
«Das hat mein Vater sofort abgelehnt, da ich bei Barmbek Uhlenhorst schon höherklassig einen Stammplatz hatte», erzählt Ex-Weltmeister Brehme der Deutschen Presse-Agentur: «Dann vermittelte mich Felix zu seinem Ex-Verein Saarbrücken. Er erklärte mir, dass ich nach einer ordentlichen Saison in der 2. Liga schnell in die Bundesliga wechseln könnte. Und es ist tatsächlich so gekommen. Danke, Felix!»
Saarbrücken als Start für Brehmes Weltkarriere
Auch Magath lacht bei dieser Anekdote. «Streng genommen war das mein erster Spieler-Transfer», sagt er der dpa: «Ich habe eine Woche mit Brehme trainiert. Ich habe etwas in ihm gesehen und habe mich gewundert, dass der HSV ihn nicht genommen hat. Also habe ich aus alter Verbundenheit in Saarbrücken angerufen und konnte sie überzeugen, ihn zu nehmen. Im Endeffekt hatten alle was davon: Andy Brehme, der FCS und, wenn man auf die Entwicklung schaut, sogar ganz Fußball-Deutschland.» Eine Provision habe er aber nie verlangt, «der FC war wie immer klamm».
Trotz Abstiegs hatte Brehme eine Saison beim FCS gereicht, um sich für den 1. FC Kaiserslautern zu empfehlen und seine Weltkarriere mit Stationen unter anderem beim FC Bayern und Inter Mailand zu starten. 1990 machte er Deutschland mit seinem Final-Elfmeter gegen Argentinien zum Weltmeister.
Magath war 1974 als 20-Jähriger von Viktoria Aschaffenburg nach Saarbrücken gewechselt und hatte dort ebenfalls seinen ersten Profi-Vertrag unterschrieben. Nach zwei erfolgreichen Jahren in der zweiten Spielklasse ging er zum HSV, den er 1983 mit dem goldenen Tor im Finale gegen Juventus Turin zum Europacup-Sieger machte. 1982 und 1986 an der Seite Brehmes wurde er Vize-Weltmeister.
Rehhagel über Saarbrücken als «schlafender Riese»
1989 kehrte Magath als Manager nach Saarbrücken zurück. Und wegen gesundheitlicher Probleme von Chefcoach Klaus Schlappner betreute er das Team im Trainingslager in Casablanca: «Man könnte also sagen, dass ich auch meine erste Erfahrung als Trainer dort gemacht habe», sagt Magath, der nach einem halben Jahr ging, «weil der Präsident über meinen Kopf hinweg Anthony Yeboah an Frankfurt verkauft hat».
In seiner Zeit als Spieler verpasste er übrigens knapp Otto Rehhagel. Der spätere Meistermacher und Europameister-Trainer Griechenlands hatte 1972 mit 33 seine erste Profi-Station als Coach in Saarbrücken – aber mangels Erfolg nur für ein halbes Jahr. «Realistisch betrachtet muss man sagen, dass ich damals einfach noch nicht so weit war», sagte Rehhagel einst dazu: «Insgesamt war es eben eine unglückliche Konstellation. Von Saarbrücken hat man damals behauptet, es sei ein schlafender Riese. Deshalb hätte damals ein erfahrener Trainer hier hingehört. Ich habe in jungen Jahren viele Fehler gemacht. Aber sie waren nötig, um meinen Weg zu gehen.»
Abstieg bis in die fünfte Liga
Spielmacher Magath führte das im ersten Jahr abgestiegene Bundesliga-Gründungsmitglied 1976 wieder in die Bundesliga, wo Saarbrücken zwei Jahre blieb und dann nochmal 1985/86 und 1992/93 für jeweils ein Jahr vorbeischaute. Zwischenzeitlich war der Club 2008 bis in die fünfte Liga abgestiegen. Heute ist er ein ambitionierter Drittligist, der schon 2020 im DFB-Pokal für Furore gesorgt hatte, als er als erster Viertligist im Halbfinale stand.
Magath glaubt, dass das diesmal nicht gelingen wird – trotz der imposanten Pokal-Erfolge gegen den Karlsruher SC (2:1), den FC Bayern (2:1) und Eintracht Frankfurt (2:0). «Ich fürchte, dass gegen Gladbach Schluss ist», sagt er: «Das war bisher sensationell, und die Bayern rausgekegelt zu haben, wird wahrscheinlich einmalig bleiben. Aber Gladbach wird sich diese Gelegenheit nicht nehmen lassen.»
Brehme traut dem FCS dagegen den großen Coup im Pokal zu. «Erst mal gilt es, ein weiteres Wunder gegen Gladbach zu vollbringen», sagt er: «Doch bei drei verbliebenen Bundesligisten im Viertelfinale ist die Chance gar nicht so schlecht. Aber meine Lauterer sind ja auch noch da.» An denen hängt Brehme nach insgesamt zwölf Jahren als Spieler oder Trainer eben noch mehr.