Freiburg (dpa) – Für Joshua Kimmich hat sich als Vater von vier Kindern auch der Blick auf sportliche Erfolge und Enttäuschungen radikal verändert. Das Ausscheiden in diesem Sommer im EM-Viertelfinale gegen Spanien war für den 29-Jährigen jedenfalls leichter zu verkraften als frühere Turnierergebnisse. 

«Noch vor ein paar Jahren hätte ich eine solche Niederlage lange mitgeschleppt. Da wäre ich nur niedergeschlagen gewesen. Jetzt bin ich Familienvater, habe vier Kinder und einen anderen Blick auf die Dinge», sagte der Kapitän der Fußball-Nationalmannschaft in einem Interview dem Magazin «Stern».

Tiefpunkt in Katar

Kimmich galt lange als überehrgeizig und besonders betroffen von den WM-Pleiten 2018 und 2022. Nach dem Vorrunden-Aus in Katar vor zwei Jahren hatte er eingeräumt, sich innerlich leer zu fühlen und nicht zu wissen, ob er nicht in ein emotionales Loch falle. Dieser Fokus nur auf den Fußball hat sich für ihn nun offenbar verändert. 

«Meine Kinder applaudieren mir nicht, wenn ich nach einem gewonnenen Spiel nach Hause komme, und sie sind auch nicht traurig, wenn wir gerade bei der EM im eigenen Land ausgeschieden sind. Die wollen morgens um halb sieben mit mir Fangen spielen, egal, was der Papa auf dem Fußballplatz erlebt hat. Die Gewichte in meinem Leben haben sich verschoben. Fußball ist wichtig, aber ich definiere mich nicht mehr allein über meinen Beruf», sagte Kimmich.

Schelte von der Gattin

In Fußball-Duellen mit dem Nachwuchs muss sich der DFB-Spielführer manchmal bremsen. «Da gibt es bei uns zu Hause unterschiedliche Meinungen. Wenn ich ein Spiel gegen meinen Sohn gewinne, fließen Tränen, dann bekomme ich Ärger mit meiner Frau. Man lernt jedenfalls viel über sich selbst im Spiel mit den Kindern», sagte Kimmich. Austauschen kann er sich dazu auch mit dem Bundestrainer. Julian Nagelsmann hatte vor der EM erzählt, dass es ihm schwerfalle, im Mensch-Ärgere-Dich-Nicht gegen seinen Sohn zu verlieren.

Kimmich erkennt sich in seinen Kindern jedenfalls selbst. «Wenn mein Sohn beim Fußball auf dem Boden sitzt und weint, denke ich: Hey, nimm’s nicht so schwer, steh einfach wieder auf, weiter geht’s. Und zugleich fühle ich mich an früher erinnert. Ich war genauso, dieser Ehrgeiz, dieses Nicht-verlieren-Können. Bloß, dass das bei mir mit der Kindheit nicht aufgehört hat, sondern viele Jahre so weiterging», sagte er.

P